AKK neue Chefin der Adenauer-Stiftung: Warum ihre Wahl ein ernst zu nehmendes Problem für Merz ist

vor 2 Tage 5

Der Tag fing schon nicht gut an in Brüssel für Friedrich Merz. Der EU-Gipfel folgte weder seinem Wunsch, das Freihandelsabkommen mit den lateinamerikanischen Mercosur-Staaten sofort zu unterschreiben, noch dem zur Finanzierung der Ukraine. Statt einen 90-Milliarden-Euro-Kredit mit eingefrorenen russischen Vermögen abzusichern, geschieht das über den EU-Haushalt, weshalb sich von Gemeinschaftsschulden sprechen lässt.

Für den Kanzler wurde es nicht besser, obwohl der Bundesrat in Berlin zwischenzeitlich eine ganze Reihe von Gesetzen seiner schwarz-roten Regierung durchwinkte. Am Freitagnachmittag kam aus der Konrad-Adenauer-Stiftung die Nachricht, dass Annegret Kramp-Karrenbauer von der 50-köpfigen Mitgliederversammlung zur neuen Vorsitzenden gewählt worden ist.

Für die von allen in der Partei nur „AKK“ Genannte stimmten am Ende 28 Mitglieder des Gremiums, dem neben Merz selbst auch mehrere CDU-Ministerpräsidenten und Unionsfraktionschef Jens Spahn angehören. Der Merz-Wunschkandidat Günter Krings erhielt 21 Stimmen. Es gab eine Enthaltung.

Warum das ein ernst zu nehmendes Problem für den CDU-Chef ist, hat gar nicht unbedingt damit zu tun, dass die parteinahe Stiftung nun von Kramp-Karrenbauer und damit von einer ehemaligen Rivalin geleitet wird. Die Saarländerin hatte 2018 Merz’ ersten politischen Comebackversuch vereitelt, als sie zur Nachfolgerin von Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Parteispitze gewählt wurde. Für die Stiftung selbst, die sich gern von verdienten Christdemokraten repräsentieren lässt, ist die ehemalige Ministerpräsidentin, Verteidigungsministerin und Parteivorsitzende ohnehin eine fast klassische Lösung.

An Merz’ Favoriten gingen schon mehrere Posten vorbei

Schwierig ist das Ergebnis deshalb, weil sich Merz’ Favorit nicht durchgesetzt hat. Günter Krings, in der NRW-Landesgruppe der Chef des Kanzlers und stellvertretende Vorsitzender der Gesamtfraktion, sollte jetzt einmal an der Reihe sein, nachdem in der Vergangenheit mehrere Posten an ihm vorbeigegangen waren. Gewurmt hatte den Juristen aus Mönchengladbach insbesondere, dass er nicht wie geplant Verfassungsrichter wurde.

Ein passender Schlusspunkt unter ein Jahr voller Pannen. Außer Carsten Linnemann und Christina Stumpp ist niemand mehr übrig, der glaubt, dass er es noch hinbekommen kann.

Ein Mitglied des CDU-Bundesvorstands über Parteichef und Kanzler Friedrich Merz

Nur hatte Merz ihm eine Zusage gegeben, wie man inzwischen weiß, ohne sich in der Folge wirklich darum zu kümmern. In der Partei gibt es durchaus Verständnis dafür, dass sich ein Kanzler im Krisenmodus nicht auch noch damit beschäftigen kann. Unverständnis herrscht dagegen darüber, dass Merz niemanden beauftragte, die Sache in seinem Namen in die Hand zu nehmen.

Erst am 13. November schrieb er dem bisherigen Stiftungsvorsitzenden Norbert Lammert einen Brief – offenbar in der Annahme, dass alles schon in seinem Sinne eingetütet sei. Lediglich „der guten Ordnung halber“ wollte er dem ehemaligen Bundestagspräsidenten darin „auch auf diesem Weg noch einmal meinen Vorschlag übermitteln“.

Dass er Günter Krings in dem Schreiben ein „h“ im Vornamen verpasste, war dabei ein ärgerlicher Schönheitsfehler. Politisch viel ärgerlicher aber war, dass sich kurz zuvor Kramp-Karrenbauer bereits ins Spiel gebracht hatte und wegen ihres hohen Bekanntheitsgrades auf viel Zustimmung gestoßen war.

Kein Kanzler der intensiven Absprachen

Die erste Kampfkandidatur in der Geschichte der Stiftung konnte auch auf den letzten Metern nicht mehr verhindert werden – im Gegensatz zu 2017, als die Merkel-Vertraute Annette Schavan kurz vor der Abstimmung zurückzog und den Platz für Lammert freimachte. Nun hielten sowohl Krings als auch Annegret Kramp-Karrenbauer Bewerbungsreden, denen im Publikum auch der aus Brüssel eingeflogene Friedrich Merz lauschte. Für Krings blieb am Ende nur, dass er neu in den Vorstand der Stiftung aufrückt.

Für den Kanzler wäre die Niederlage seines Kandidaten leichter verkraftbar, wenn sie Folge seines ersten politischen Managementfehlers wäre. Nach siebeneinhalb Monaten im Amt gibt es jedoch schon eine Reihe von Beispielen dafür, dass notwendige Absprachen und die rechtzeitige Einbindung aller relevanten Akteure nicht unbedingt zu den Stärken des vor seiner Kanzlerschaft gänzlich regierungsunerfahrenen Merz gehören. Eine CDU-Abgeordnete fragte kürzlich inmitten des Rentenstreits entnervt: „Wo bitte ist die Lernkurve?“

Die eigenen Leute verstehen beispielsweise bis heute nicht, wie der Kanzler so schlecht vorbereitet zum Deutschlandtag der Jungen Union gehen konnte, der den Rentenstreit erst richtig eskalieren ließ. Dass es in den Tagen davor keinen Kontakt mit JU-Chef Johannes Winkel gab, gilt ihnen als politischer Anfängerfehler. Zuvor war es die mangelnde Abstimmung mit der Fraktion, bevor das Wahlversprechen einer Stromsteuersenkung für alle kassiert oder ein Waffenembargo gegen Israel für den Gazakrieg verhängt wurden.

„Ein passender Schlusspunkt unter ein Jahr voller Pannen“ – so lautet das enttäuschte Urteil eines Mitglieds im Bundesvorstand. „Außer Carsten Linnemann und Christina Stumpp ist niemand mehr übrig, der glaubt, dass er es noch hinbekommen kann“, sagte die Person dem „Tagesspiegel“ mit Blick auf den CDU-Generalsekretär und seine Stellvertreterin: „Für Personal hat er eh keine glückliche Hand.“ 

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