Südkoreas Präsident Lee Jae-myung, 62, scheint ein Mann voller Empathie zu sein: Obwohl selbst mit vollem Haupthaar gesegnet, versteht er auch die Leiden mittelalter Männer, deren Geheimratsecken langsam aber sicher in eine Halbglatze übergehen. Sein Ziel: Die staatliche Krankenversicherung soll die Kosten von Behandlungen gegen Haarausfall übernehmen.
Der Präsident unterbreitete diesen Vorschlag diese Woche mehreren Regierungsbeamten in einer Besprechung, wie die BBC berichtet . Dabei argumentierte er, dass medizinische Behandlungen gegen Haarausfall früher als rein kosmetischer Eingriff galten, heute aber als eine »Frage des Überlebens« angesehen würden.
Spätestens seit der weltweiten K-Pop-Begeisterung ist bekannt, wie streng die Schönheitsstandards in dem ostasiatischen Land sind. Besonders für junge Menschen sei Kahlköpfigkeit stigmatisiert, schreibt die BBC.
Selbst Betroffene kritisieren den Vorstoß
»Mein Pony zieht sich immer weiter zurück und hält nicht mehr, deshalb kann ich mir keine Dauerwelle machen lassen oder meine Haare richtig wachsen«, sagte etwa der 33-jährige Lee Won-woo dem britischen Fernsehsender. »Weil ich meine Haare nicht so stylen kann, wie ich möchte, fühle ich mich ungepflegt und unattraktiv, und das hat mein Selbstbewusstsein stark beeinträchtigt.«
Dennoch stößt der Vorschlag des Präsidenten selbst unter Betroffenen nicht nur auf Gegenliebe. »Die Maßnahme wirkt ein bisschen wie Stimmenfang«, sagt Song Ji-hoon, ein 32-jähriger Einwohner Seouls, der Medikamente gegen Haarausfall einnimmt, der BBC. »Geld sparen klingt gut, aber ehrlich gesagt kostet es weniger als 300.000 Won (rund 170 Euro) im Jahr, ist das überhaupt nötig?«
Auch die koreanische Ärztekammer erklärte am Mittwoch in einer Stellungnahme, staatliche Gelder sollten für schwerwiegendere Krankheiten als für Haarausfall verwendet werden. Das nationale Krankenversicherungssystem von Südkorea verzeichnete im vergangenen Jahr ein Defizit von umgerechnet rund sechseinhalb Milliarden Euro.
Politikwissenschaftler schaltet sich in die haarige Debatte ein
Mit seinem Vorschlag greift Präsident Lee Jae-myung auf ein Thema aus seinem erfolglosen Wahlkampf 2022 zurück. Damals hatte er sogar in einer Parodie eines Werbespots für Haarausfallmittel mitgespielt. In seiner diesjährigen Kandidatur hatte das Thema jedoch keine Rolle gespielt.
In der BBC schaltete sich auch ein Professor der Politikwissenschaften in die Debatte ein. »Ich persönlich bezweifle, dass Präsident Lee dieses Thema weiterverfolgen und weitere Maßnahmen ergreifen wird«, sagte Professor Don S. Lee. »Es ist lediglich eine strategische Geste, die sich an junge männliche Wähler richtet und signalisiert: ›Auch ihr seid mir wichtig.‹«

vor 2 Tage
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